Kirchenkreisvertreter*innentags des VPPN

Bericht des Vorstandes am 24. November 2025 in Eutin 

Im  Artikel 20 der Verfassung der Ev.- Luth. Kirche in Norddeutschland heißt es über das Selbstbestimmungsrecht der Kirchengemeinden:

( 1 ) Die Kirchengemeinde ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten im Rahmen des geltenden Rechtes in eigener Verantwortung.

( 2 ) Die Kirchengemeinde wird mit den zur eigenverantwortlichen Erfüllung des kirchlichen Auftrages in ihrem Bereich erforderlichen Mitteln ausgestattet.

Liebe Kirchenkreisvertreter*innen und Gäste,

wer am Wochenende der Diskussion um die Neuordnung der Körperschaft des öffentlichen Rechtes in der Landessynode (20.-22.11.25) beobachtete, musste staunen. Der Ton hat sich geändert.

Theologische Argumente zugunsten der Kirchengemeinde vor Ort mit ihren Ehrenamtlichen als Basis des kirchlichen Lebens hatten kaum Gewicht. Kein Aufschrei war zu hören, als ganz direkt gesagt wurde, die Kirchengemeinden werden nach diesen Vorstellungen Rechte und ihr Eigentum verlieren. Eher das Gegenteil war der Fall. Es wurde nach Obrigkeit und Hierarchie gerufen.

Nach lutherischem Verständnis gehören Gemeinde und Pfarramt untrennbar zusammen. Sie machen sich gegenseitig zur Kommunikation des Evangeliums sprachfähig. Die Kirchengemeinde ist  der Ernstfall der Demokratie. 

Nun werden Strukturen angedacht, die die Kirchenkreise mit noch mehr Macht ausstatten und sie ohne Kontrollinstanz agieren lassen. Es geht nicht mehr um Beratung und unterstützende Aufsicht der Kirchengemeinden, sondern um ein Eingriffsrecht in deren Arbeit.  Aus der Braunschweiger Landeskirche hören wir als Resümee: Was übrig bleibt, ist das Recht und die Pflicht zum Kekse backen. Das ist natürlich auch wichtig, aber mit dem Wegfall der Körperschaft öffentlichen Rechtes für die Kirchengemeinde, fallen auch  Gestaltungsmöglichkeiten vor Ort und mit ihnen ein Großteil des ehrenamtlichen Engagements weg. Einige Landessynodale befürchten, dass die Nordkirche sich mit einer noch weiter ausgebauten Verwaltung zu einer kostenintensiven  Hauptamtlichen-Kirche entwickeln könnte und dass die Nähe zur Basis, zu den Kirchenmitglieder, verloren geht. 

Es bleiben Fragen: Wie bleibt die Nähe und Verlässlichkeit als Grundlage des Vertrauens in Kirchengemeinden erhalten? Wo und wie verorten sich die Pastor*innen in neuen Großstrukturen? Welches Selbstverständnis trägt sie? Woran orientieren sie sich? Wie erleben sie Augenhöhe  in einer Dienstgemeinschaft? Und wo bleibt der kritische Blick auf Leitung und Hierarchie in der Kirche? Ich frage mich, was hat in den vergangenen Jahren Türen und Tore hoch und weit geöffnet für Karrieregedanken und Machtdenken?

Eine Eingabe an die Landessynode, veröffentlicht in den Ev. Stimmen Nov./Dez.2025 fasst die Gefahren der Neuordnung der Körperschaften öffentlichen Rechts in der Nordkirche gut zusammen. Sie ist nicht nur lesenswert, sondern sie sollte auch unterstützt werden! Sie kann von unserer Homepage heruntergeladen werden.

Aus der Arbeit des VPPN

1.

Es ist der 10. November 2025. In der Shanghaiallee 14 in Hamburg tagt das Kirchengericht. Als Vorsitzender des Vereins nehme ich an zwei Prozessen teil. 

Im ersten Fall geht es um einen Vikar, der von der Nordkirche nicht übernommen wurde, obwohl er das erste und zweite Examen bestand. Wir haben ihn als Verein begleitet und unterstützt; wir haben Gespräche geführt mit Menschen, die in der Ausbildung für ihn da waren. Der Anwalt des Vikars hat mich gebeten beim Prozess anwesend zu sein und eventuell als Zeuge auszusagen. Vom Gericht werden keine Zeugen zugelassen. Das Gericht entscheidet gegen den Anspruch des nun nicht mehr zukünftigen Pastoren der Nordkirche.

Dabei gab es positive Rückmeldungen aus der Ausbildungszeit – und deshalb gab es  begründete Hoffnung – aber nun bleibt Verzweiflung und das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. 

Im zweiten Prozess kann ich auch eventuell als Zeuge aussagen, aber es werden wieder keine Zeugen gehört. Es geht um Zwangsteilzeit und den Anspruch auf eine Versorgung, die den Grundsätzen das Besoldungs- und Versorgungsgesetzes des Bundes und seiner Handhabe in der Kirche entspricht. Wenn ich die Argumentation der Landeskirche richtig verstehe, argumentiert sie: Wir wenden zwar das Besoldungs- und Versorgungsrecht des Bundes an, aber an das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Zwangsteilzeit müssen wir uns nicht halten, denn wir sind hier von der Geltung des Grundgesetzes befreit. 

Diese Argumentation beschäftigt mich immer noch. Bei der Versorgung geht es nicht um das Beichtgeheimnis,  den Zölibat oder die Beschneidung, es geht nicht um einen theologischen Inhalt und trotzdem wird das besondere Ausnahmerecht der Kirche genutzt.

In beiden Fällen lässt das Kirchengericht eine Revision bei einer höheren Instanz nicht zu. 

Was bedeutet es für eine  Kirche und ihre Pastor*innen, wenn Recht und Gerechtigkeit in eine Sackgasse geraten?

Der VPPN begleitet Pastor*innen und auch Vikar*innen und, so haben wir beschlossen, auch Student*innen mit dem Studienziel Pfarramt mit Rat und Tat und Trost und manchmal auch mit finanzieller Unterstützung. Wir arbeiten eng mit der Pastor*innen-Vertretung zusammen. Zu oft heißt es: sie sind die ersten, die wirklich zuhören.

2.

Die Bedeutung des Pfarramts mit seinen Aufgaben und Belastungen ist ein grundlegendes Thema des Vereins in Verbindung mit dem Pfarrerverband in der EKD. Als Themen bearbeiten wir: Pfarramt und Gesundheitsfürsorge, öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Dienstverhältnis, das Pfarramt in Gemeinden, die ihren öffentlich-rechtlichen Status verlieren und damit auch ihr Eigentum, ihre Verantwortung und ihre Selbstständigkeit.

3.

Beim theologischen Tag mit Professorin Pohl – Patalong am 10. März in der Michaelis Gemeinde in Hamburg haben wir das Thema „Die Arbeitszeitfrage im Pfarrberuf – Konsequenzen für die Praxis und das Berufsbild“ behandelt. Der grundlegende Vortrag von Frau Professorin Pohl – Patalong ist auf unser neu gestalteten Homepage nachzulesen. Er gibt eine Grundlage für eine weitere Behandlung des Themas, dass uns in der Nordkirche und in der EKD beschäftigt.

4.

Unsere Homepage (vppn.de) wurde professionell von Herrn Hoffmann, von „webdesign.th“ erstellt und jetzt gepflegt. Wir danken ihm und auch unseren Vorstandsmitgliedern Jörg S. Denecke und Achim Strehlke, die an der Gestaltung der Homepage mitgearbeitet haben.  Aktuelles, Berichte, Theologisches und Anregungen zur Exegese und Predigt sind auf ihr zu finden.

5.

Die Kontakte zu dem Studierendenrat und dem Vikarsrat möchten wir intensivieren. Unsere Unterstützung von Gemeindepraktika im Studium und den Vikariatsreisen werden wir beibehalten. 

Hinweisen möchte ich noch einmal auf die Unterstützung von Familien /Erziehungs-berechtigten mit 3 oder mehr Kindern in der Ausbildung durch die `Studienhilfe‘. Die unterstützt nicht nur studierende, sondern alle Kinder in der Ausbildung. Die Unterstützung erfolgt mit einem nichtrückzahlbaren Zuschuss. Die Beantragung geschieht über den VPPN.

6.

In einem Gespräch mit der Bruderhilfe wurde über die Möglichkeit einer vertieften Zusammenarbeit gesprochen. In diesem Zusammenhang ist für Vikar*innen und Pastor*innen von besonderer Bedeutung, dass bei der Haftpflichtversicherung der Bruderhilfe die Amtshaftpflicht kostenfrei mit eingeschlossen ist, wenn sie beim Antrag  angekreuzt wird.


Aus dem Vorstand haben sich im Frühjahr Wiebke Böckers und Jörg Jackisch zurückgezogen und heute werden wir auch noch Abschied nehmen müssen von Andreas Kosbab. Für Ihre Arbeit für den Verein danken wir. Andreas Kosbab hat, so vermute ich, schon seit dem vorigen Jahrhundert dem Verein im Vorstand mit guten Gedanken und Ideen geholfen und jahrelang das Protokoll geschrieben. Zum Glück will er uns als Delegierter seines Kirchenkreises erhalten bleiben.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit, 

Herbert Jeute

Eutin, den 24. November 2025

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