Hans Christian Knuth

„Ich bin und bleibe Pastor“

Betroffen hat der VPPN die Nachricht vom Heimgang seines Mitgliedes und früheren Bischofs für Schleswig Dr. Hans Christian Knuth aufgenommen.

Viele von uns haben ihn nicht nur als Bischof, sondern Mitbruder im Dienst während der verschiedenen Aufgabenfelder, für die er Verantwortung trug, kennengelernt. Er war nicht wenigen Pastor und Seelsorger, was er immer bleiben wollte und sollte. Als Sohn eines Pastors (und späteren Propsten) wurde am 6. September 1940 in Greiz (Thüringen) geboren. Nach Kindheit und Jugendzeit in Hamburg und Flensburg, studierte er in Tübingen, Zürich und Kiel Theologie und promovierte bei Gerhard Ebeling in Zürich über Luthers Psalmenauslegung zu Psalm 6.  Eine ihm angebotene wissenschaftliche Tätigkeit sagte er ab und absolvierte in Selent und Preetz 1969/70 das Vikariat, bevor er nach der Ordination am19.4.1970 seine erste Pfarrstelle an der Michaeliskirche in Kiel-Hassee antrat und 1975 die Aufgabe eines Referenten bei Bischof Friedrich Hübner (und der Kirchenleitung) in Kiel wahrnahm. Es folgten zwei Jahre von 1979 als bis 1981 als Studienleiter am Predigerseminar in Preetz. Anschließend war Hans Christian Knuth als OKR verantwortlich für Theologische Grundsatzfragen im Lutherischen Kirchenamtes der VELKD, bevor er 1985 zum Propst des Kirchenkreises Eckernförde gewählt wurde. Schließlich wähle ihn die Synode der NEK 1991 zum Bischof für den Sprengel Schleswig, ein Amt, das er bis zu seinem Ruhestand 2008 wahrnahm.

Bei aller gesamtkirchlichen Verantwortung verlor er den Berufsstand der Pastoren und die für ihn wichtige Basis, die Ortsgemeinden, nicht aus den Augen. Nicht nur der Schleswiger Pastorenkonvent, der einmal im Jahr mit ihm in der Bischofskanzlei zusammenkam, auch unzählige Besuche vor Ort in Gemeinden und Pastoraten sind ein beredtes Zeugnis seines warmherzigen dem Menschen zugewandten Wirkens. „Wir haben ihn sehr gern gehabt“, schrieb mir ein Pastorenehepaar. So war es auch: ob er mit Pastorenkindern bei Besuchen spielte, in seinem ländlich geprägten Sprengel den Gemeindegliedern nahe war bei all ihren Sorgen. Nöten und Freuden, etwa beim Besuch einer Landwirtschaft, dem Klettern in einer Windkraftanlage bis in die Enge des Turbinenraums, dem Besuch am Krankenbett eines schwer erkrankten KGV-Mitglieds, dem regelmäßigen Kolloquium zu Medizin und Theologie – seine Bescheidenheit und Güte, sein Eintreten für die Menschen, dem Glauben und die lutherische Kirche wurden darin sichtbar. Große persönliche Belastung waren dabei manche schweren Personalfragen, denen er sich gerne entzogen hätte. Aber er hat sich allen problematischen Prozessen gestellt und dabei auch zum Verdruß des Apparates und seiner Träger sich etwa mit Erfolg dafür eingesetzt, dass der Bischofssitz in Schleswig erhalten blieb. Zusammen mit Amtsbruder Karl-Ludwig Kohlwage setzte er sich in den 90iger Jahren gegen Synodenbeschlüsse zum Thema Lebensformen durch.

Hans Christian Knuth war im positiven Sinn konservativ. Schon früh trat er von der Kanzel, auch zum Mißfallen von Helmut Thielecke, für Ökologie, Bewahrung der Schöpfung und deren Ziele ein, lange bevor es eine Partei der Grünen gab.

Sein Wirken war aber nicht geprägt von einer vorgeblichen Enge. Knuth blickte immer, auch durch seine Zeit als Referent bei Friedrich Hübner geprägt, über die (lutherischen) Grenzen hinaus. Von 1994 bis 1999 war er Catholica-Beauftragter der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und von 1999 bis Oktober 2005 Leitender Bischof der VELKD. So war er 1999 maßgeblich an der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre zwischen Lutherischem Weltbund und Vatikan beteiligt.  Das Miteinander der Konfessionen und Kirchen war ihm stets ein besonderes Anliegen. Unvergessen ist seine Freundschaft zum klugen und oekumenisch orientierten Hamburger Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke (1941-2023), der ebenso humorvoll wie Hans-Christian Knuth war und in meiner Gegenwart einmal meinte: „Bruder Knuth, manchmal wissen die Leute nicht, wer von uns evangelisch oder römisch-katholisch ist“, was unseren Bischof zu einem ihm typischen Schmunzeln veranlasste. Seine ökumenische Offenheit wird ebenso dokumentiert durch seinen fast ein Jahrzehnt dauernden Co-Vorsitz in der Meissen Kommission, die sich dem Dialog zwischen den Kirchen von England und der EKD widmete und ihn zu vielen Begegnungen in England führte, auch zur aktiven Teilnahme an einem Gottesdienst anlässlich der Porvoo-Erklärung  in Gegenwart von Königin Elisabeth II und Prinz Philipp.

Überhaupt konnte er sich auf diplomatischem Parkett sicher und anerkannt bewegen; gekrönten und ungekrönten Staatsoberhäuptern und verantwortlichen Politikern, Joseph Ratzinger, Papst Benedikt XVI, begegnete er ebenso sicher wie etwa dem Palästinenser Jassir Arafat oder Königin Margarethe II von Dänemark. Die gute Beziehung zu unseren nördlichen Nachbarn waren ihm ein besonderes Anliegen; Teilnehmer an den regelmäßigen Konventen zwischen dänischen und Geistlichen werden davon berichten können.   

Ob Schleswig, Hannover, London, Rom, Jerusalem, St. Louis oder anderswo: Hans Christian Knuth galt wissenschaftlich als einer der herausragenden Kenner Martin Luthers, der auch die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre gegen die Kritiker im eigenen (lutherischen) Lager zu verteidigen wusste. Bei manchen Begegnungen konnte ich erleben, dass er vielfach seine Diskussionsbeiträge mit einem Lutherwort bereicherte. Insofern war die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Theologischen Fakultät CAU Kiel eine entsprechende Würdigung seiner wissenschaftlichen theologischen Arbeit, die in vielen wiss. Beiträgen, z.B. in „In Zukunft Luther“ ihren Niederschlag fand. 

Die Bildung einer Nordkirche begleitete er in den letzten Jahren seines bischöflichen Wirkens. Wichtig war ihm, dass es keinen weiteren Abbau von Gemeindepfarrstellen geben dürfe. Zentral war für ihn gegen den Mitgliederschwund eine von überzeugten Christen getragene gute Gemeindearbeit, denn „ohne eine Mitgliedschaft in einer Kirche kann man seinen Glauben nicht praktizieren.“ Auch im Ruhestand war er wissenschaftlich durch die Luther-Akademie in Ratzeburg aktiv wie auch angesehener geistlicher Begleiter und Rechtsritter im Johanniter-Orden. 

Der VPPN trauert mit der Ehefrau Sigrid Knuth-Baschek, seinem Sohn , der Familie und vielen Freunden um Hans Christian Knuth. Wir werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten und vertrauen ihn der Barmherzigkeit Gottes an, von der er sich getragen wusste.

Dr. Hans-Joachim Ramm

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